Als sich uns nach einer quälend langen Zeit unser Tauchboot nähert bin ich erleichtert und doch voller Sorge. Ich habe keine Erklärung für das was in den letzten Minuten passiert ist.
Zwei der vier Taucher, die ich als Guide betreuen sollte sind verschwunden. Von der Strömung weggerissen. Die beiden anderen, Anfänger, die zum ersten Mal nach ihrem Kurs im Meer tauchen gehen, sind vollkommen verstört. Die junge Frau schluchzt, ihr Freund ist körperlich total am Ende.
„An einem anderen Tauchplatz hätten wir wohl nicht überlebt!“
Wir stehen als letzte auf der Plattform des Tauchbootes, um am Shark Point tauchen zu gehen. Ein Tauchplatz etwa auf halbem Weg zwischen Phuket und Koh Phi Phi.
Es ist kurz nach 10 Uhr morgens. Strahlend blauer Himmel. Das Meer ist spiegelklatt und glasklar. Wir sehen andere Taucher in etwa 15m Tiefe vorbeiziehen. Andere tauchen gerade ab, es herrscht keine Strömung.
Zwei Minuten später wird sich das schlagartig ändern.
Noch an der Wasseroberfläche, kurz vor unserem Abtauchen, setzt eine zunehmend stärkere Strömung ein. Beim Abtauchen zieht die Strömung zwei der Taucher aus meiner Gruppe von uns weg und auf den Grund in etwa 16m Tiefe. Das ganze geschieht so schnell, dass ich nichts dagegen tun kann. Ich bin gerade dabei die beiden Anfänger fest zu halten, die langsam panisch werden.
Augenblicke später, wir befinden uns auf etwa 9m Tiefe, ist es als ob eine dunkle Wolke auf uns zurast. Wir werden von einer starken Strömung erfasst, die so voller Schlamm ist, dass die Sicht sich auf wenige Zentimeter verschlechtert. Instinktiv reisse ich die beiden Anfänger an mich. Die Strömung drückt uns auf den Grund und schleift uns ein Stück mit. Alle Versuche an die Oberfläche zu kommen scheitern.
Doch nach gut zwei Minuten, die wie eine Ewigkeit erscheinen spült uns die Strömung an die Oberfläche.
Dort angekommen muss ich die beiden südafrikanischen Tauchanfänger beruhigen. Obwohl ich selbst alles andere als ruhig bin.
Denn zwei meiner Taucher sind verschwunden.
Ganz plötzlich werden wir von der Strömung, die uns gerade erst losgelassen hat wieder erfasst. Wir treiben auf den kleinen Felsen zu, der die Spitze des Riffes darstellt.
Dahinter bricht sich die Strömung, bildet mannshohe Wellen und erzeugt einen starken Abwärtssog.
Ich schreie meine beiden Schützlinge an ihre Tauchermasken wieder aufzusetzen und ihre Atemregler in den Mund zu nehmen.
Im nächsten Moment zieht die Strömung an unseren Körpern. Trotz voll aufgeblasener Tarierwesten gelingt es mir nur mit aller Kraft dagegen anzuschwimmen und somit mich und die beiden völlig überforderten Tauchanfänger an der Oberfläche zu halten.
Und dann ist es vorbei. Die Strömung hat aufgehört. Das Meer liegt wieder ruhig und klar vor uns. Doch überall treiben versprengte Gruppen von Tauchern an der Oberfläche.
Als das Tauchboot kommt hilft uns mein bester Freund aus dem Wasser. Ihm steht ins Gesicht geschrieben, dass er gerade ähnliches durchgemacht hat. Und er weiss schon mehr:
„Auf Phuket hat es ein Erdbeben gegeben…!“
Wie sich später herausstellte war es kein Erdbeben, sondern ein Seebeben und das Epizentrum war auch nicht auf Phuket, sondern vor Sumatra. Aber welche Rolle spielt das schon.
Denn die starke Strömung, mit der alle 36 Taucher an diesem Tag zu kämpfen hatten war der Tsunami, der am 26.12.2004 als eine der verheerendsten Naturkatastrophen aller Zeiten in die Geschichte einging.
Wir hatten Glück.
Alle Taucher kamen mit Ausnahme von einigen Schnitt- und Schürfverletzungen unverletzt und mit dem Schrecken davon.
Viele Menschen hatten weit weniger Glück:
Insgesamt starben durch das Beben und seine Folgen etwa 230.000 Menschen, davon allein in Indonesien rund 165.000. Über 110.000 Menschen wurden verletzt, über 1,7 Millionen Küstenbewohner rund um den Indischen Ozean wurden obdachlos.
In Thailand starben nach offiziellen Angaben 5.395 Menschen. Diese Zahl dürfte weit unter den tatsächlichen Zahlen liegen. Am stärksten betroffen waren die Region um Khao Lak, Koh Phi Phi und Teile Phukets.
Die Katastrophe setzte eine beispiellose Welle der Solidarität in Kraft und rund um den Globus spendeten Menschen Geld. Leider lehnte der damalige Premierminister Thailands, Thaksin, ausländische Hilfe ab, da Thailand reich genug sei. Die Hilfszahlungen an die betroffene Bevölkerung waren entsprechend unzureichend.
Ein Kinderdorf nicht nur für Tsunamiwaisen
Fast alle Hilfsprojekte die während und nach des Tsunamis entstanden sind wurden aus privaten Mitteln finanziert.
Eines dieser Projekte, das mir persönlich sehr am Herzen liegt, da ich die Initiatoren und Direktoren des Projekts persönlich kenne und schätze ist das Phuket Sunshine Village.
Das Kinderdorf wurde vom Lions Club Phuket Andaman gemeinsam mit Phuket Child Watch ins Leben gerufen, um Waisenkindern und bedürftigen Kindern ein neues zu Hause zu bieten. Das Phuket Sunshine Village folgt in seiner Ausrichtung dem Vorbild der SOS Kinderdörfer.
Der Bau wurde durch private Spenden und die grosszügige Finanzierung des französischen Roten Kreuzes ermöglicht.
Mittlerweile haben über 100 Kinder ein neues zu Hause gefunden und weitere 50 Kinder befinden sich in regelmässiger Tagesbetreuung.
Die laufende Finanzierung des Projekts ist 100% von Spenden abhängig.
Die Stiftung braucht weiterhin finanzielle Unterstützung
Spenden sind darum immer erwünscht und können über die Webseite des Phuket Sunshine Village oder auch bei einem persönlichen Besuch im Kinderdorf übergeben werden.
Falls Du mehr ueber das Phuket Sunshine Village wissen willst findest Du hier meinen Bericht über meinen Besuch im Dorf.